Vom 07. bis 13. Mai 2018 fanden in Lissabon, Portugal die Shows des Eurovision Song Contest 2018 statt. Ich war live vor Ort, habe an allen Shows von Dienstag bis Samstag teilgenommen und berichte im Folgenden von meiner Reise nach Portugal und zum Eurovision Song Contest 2018.
Reisevorbereitungen
Die Vorbereitung auf einen Besuch des ESC findet bereits ein gutes Jahr vorher statt: Als im letzten Jahr in Kiew der portugisische Beitrag gewann, nahm ich mir vor, nach 2015 (in Wien) erneut zum Eurovision Song Contest zu reisen. Der ESC ist immer ein guter Anlass, eine Reise zu unternehmen und dabei an einer der größten TV-Produktionen der Welt teilzuhaben. So habe ich bereits am Sonntag nach dem Finale im Jahr 2017 zu den vermuteten Daten (an dieser Stelle einen großen Dank an eurovisionworld.com, die mit ihrer Schätzung richtig lagen) ein Hotel in Lissabon (dass es dort stattfinden würde war schon früh recht wahrscheinlich) reserviert. Natürlich so, dass ich dieses dann später bei Bedarf wieder stornieren kann. Frühzeitig ein Hotel zu reservieren, ist wirklich wichtig, denn die Preise steigen meist rasant an, so dass dies die Reise erheblich verteuert. Ein paar Stunden vor der Verkündung der Daten gab es dann das Gerücht, der Contest würde schon eine Woche vorher stattfinden. Das führte zur hastigen Buchung eines zweiten, stornierbaren Hotels. Als dann aber tatsächlich feststand, dass ich das erste Hotel zur richtigen Zeit und in der richtigen Stadt gebucht hatte, konnte es weitergehen.
Der nötige Urlaub (eine Woche davor und die Woche der Reise – ich hätte lieber die Woche danach Urlaub gehabt, was aber nicht möglich war) wurde beantragt und genehmigt und der Flug gebucht. Natürlich nimmt man damit ein gewisses Risiko auf sich, denn ob man Tickets kriegen wird, ist noch nicht klar. 2015 hatte ich bereits ähnliche Erfahrungen machen dürfen und mit viel Glück dann doch noch ein Ticket für das Finale über den offiziellen Vertriebsweg ergattert. Einfach war das aber nicht. Um das Ganze gegebenenfalls etwas zu vereinfachen, bin ich Mitglied im Eurovision Club Germany e.V. geworden. Über einen offiziellen OGAE-Fanclub kann man nämlich an einem vereinfachten Ticketverkauf für Fanclubmitglieder teilnehmen. Da die Nachfrage der Mitglieder aber in der Regel die Menge der zugeteilten Tickets überschreitet, garantiert einem dies noch lange keine Tickets. Wer jedoch das Glück hat und vom Los gewählt wird, der kann für eine gewisse Summe (im mittleren dreistelligen Bereich) Tickets für alle Jury-Finale und TV-Shows erwerben, und zwar ohne den Stress, in irgendeiner „Warteschlange“ eines Tickethändlers zu landen und zu hoffen, dass deren Server nicht abschmieren.
Dieses Glück wurde mir aber natürlich nicht zuteil und somit war ich gezwungen, am öffentlichen Vorverkauf teilzunehmen. Mit viel Glück und Geduld über mehrere Ticketverkaufsrunden gelang es mir dabei dann doch tatsächlich, für alle gewünschten Shows (in meinem Fall Dienstag TV-Finale, Mittwoch Jury-Finale, Donnerstag TV-Finale, Freitag Jury-Finale, Samstag TV-Finale), Tickets zu erwerben. Somit war nun alles nötige – Hotel, Flug und Tickets – fertig geplant. Die Reise konnte losgehen!
Da mein Flug von Frankfurt nach Lissabon am Montag, 07.05. „schon“ um 11:40 Uhr gehen sollte, habe ich desweiteren noch ein Flughafenhotel in Frankfurt gebucht, so dass ich die Nacht von Sonntag auf Montag dort verbringen konnte und die Reise mit weniger Stress beginnen sollte.
Tag 1: Sonntag, 06.05.2018
Los ging es mit der Bahn von Karlsruhe zum Frankfurter Flughafen.
Dort angekommen, machte ich mich erst einmal auf die (erfolglose) Suche nach einem Tagesrucksack für meine Reise und nahm anschließend bei einer bekannten Fast-Food-Kette mein Abendessen zu mir.
Weiter sollte es mit dem Hotel-Shuttlebus in meine Unterkunft für die Nacht gehen. Leider muss ich sagen, dass die Hotelbusspur am Flughafen Frankfurt durchaus ziemlich chaotisch organisiert ist, so dass es gar nicht so leicht war, bei der Vielzahl an verschiedenen Hotelshuttles den korrekten Bus zu finden. Als dies dann gelungen war, folgte eine etwa fünfminütige Fahrt in das Flughafenhotel.
Zwar brummten die Lampen im Zimmer, aber bei ausgeschaltetem Licht war dies ja kein Problem, und da das Hotel ohnehin nur dem Zweck einer Übernachtung diente, konnte ich damit gut leben.
Tag 2: Montag, 11.05.2018
Heute sollte es soweit sein und meine Reise nach Lissabon zum Eurovision Song Contest 2018 sollte beginnen. Am Flughafen angekommen, musste ich zuerst zum Check-In-Schalter, denn ich musste ja meinen Koffer noch aufgeben. Am Schalter war bereits eine lange Schlange, obwohl ich pünktlich zwei Stunden zuvor eingetroffen war. Nach ca. 20 Minuten war ich eingecheckt und konnte dann auch zugleich bei einem Blick auf die riesige Anzeigetafel am Flughafen feststellen, dass mein Flug der einzige in den nächsten zwei Stunden war, der verspätet war, und zwar um 90 Minuten. Trotzdem bin ich dann relativ schnell zum Gate gegangen und habe die Zeit eben abgewartet. Beim Einsteigen im Flugzeug konnte ich dann auch noch feststellen, dass man mich von einem reservierten Fensterplatz auf den Mittelplatz (!) gesetzt hatte. Meine Sitznachbarn wollten aber zum Glück ohnehin lieber dort sitzen, so dass ich dann doch meinen Fensterplatz einnehmen durfte.
Mit zwei Stunden Verspätung kam ich letztlich am Flughafen Lissabon an.
Auch hier konnte man bereits, wie in der ganzen Stadt feststellen, dass der ESC nicht spurlos an Lissabon vorbeigeht. Überall fand sich Werbung für den Song Contest. Nirgendwo in der Stadt konnte man dem entgehen. Die Fahrt mit der Metro zum Hotel war ereignislos und ziemlich simpel, auch der Fahrkartenkauf, da das Prinzip mit einer wiederaufladbaren Pay-as-you-go-Karte mir ja bereits aus London („Oyster Card“) bekannt war. So kam ich nach einer ca. 30 minütigen Fahrt am Hotel an, dass sehr passend zum diesjährigen ESC-Motto „All aboard“ eingerichtet war:
Außerdem stellte ich erfreut fest, dass quasi direkt neben dem Hotel ein Supermarkt war und dass das im Hotel kostenfrei verfügbare WLAN sehr schnell und gut benutzbar war:
Mein Abendessen holte ich mir somit im Supermarkt und schlief an diesem Tag bereits relativ früh ein, da ich aufgrund der Reise ziemlich müde war.
Tag 3: Dienstag, 08.05.2018
Nach einem angemessen langen Schlaf und einem guten Frühstück im Hotel sollte ich heute an der ersten Show des Eurovision Song Contest 2018 teilnehmen, nämlich dem ersten TV-Semifinale. Beim Ticketkauf hatte ich sogar Glück und konnte Tickets für den sogenannten „Premium Golden Circle“ erlangen, der nicht nur hervorragende Stehplätze in der Arena versprach, sondern auch eine vorherige Backstageführung! Es war zwar nicht wirklich so, als hätte man sich bei dem rasanten Ticketverkauf seine Plätze wirklich frei aussuchen können, aber es gelang mir, diese Tickets für eine Show zu erwerben und ich war gespannt auf die angekündigte Führung.
Zuerst aber sollte es zum „Praça do Comércio“ gehen, wo auch das Eurovision Village aufgebaut war:
Dieses war aber, zugegebenermaßen, ein wenig enttäuschend, viel zu machen gab es hier nicht und es wäre sicherlich vorrangig nur für „Public Viewing“ einen Besuch wert gewesen. Der „Praça do Comércio“ liegt direkt am Wasser, so dass auch hier schöne Aufnahmen möglich sind.
Ich bin dann noch ein wenig durch Lissabon gelaufen, bis es auch schon bald nötig war, an der „Altice Arena“ zu erscheinen, denn meine Backstage-Führung stand ja bevor:
Ich war dann auch sehr pünktlich um 16:40 Uhr an der Arena und wir mussten leider in der prallen Sonne auf die Führung warten. Um 17:15 Uhr sollte es dann losgehen und unsere Tourguides nahmen uns in Empfang. Ich habe nicht sehr viele Bilder gemacht, da das meiste ohnehin aus diversen Internetpublikationen bereits bekannt ist. Im Folgenden aber ein Bild des Kulissenlagers – rechts z.B. sieht man die Winkekatzen der Siegerin Netta aus Israel:
Durch das „Premium Golden Circle“ Ticket hatte ich ferner noch die Möglichkeit, vor allen anderen in die Halle eingelassen zu werden. Somit konnte man also nicht nur in den vorderen Golden Circle Bereich der Arena, sondern man wurde auch noch als allererster eingelassen. Der große Vorteil des Golden Circle ist aber natürlich, dass man ein Bändchen an den Arm bekommt, mit dem man dann auch den Bereich vor oder während der Show wieder verlassen kann und anschließend wieder eingelassen wird. Somit kann man auch während der Veranstaltung mal etwas zu trinken holen oder auf Toilette gehen und hat trotz Stehplätzen immer noch eine hervorragende Sicht.
Trotzdem bin ich kein großer Freund der Stehplätze und insbesondere auch nicht, wie diese in Portugal organisiert wurden: Das Problem war nämlich, dass für die Stehplatzbesucher der Einlass direkt von draußen erfolgte, man gelangte nicht in den „Innenbereich“ der Arena, vor dem Innenraum, sondern direkt in diesen. Hierdurch standen für geschätzt 8.000 Stehplatzzuschauer ganze zwei Getränke-Bars zur Verfügung. Daraus ergaben sich teilweise Wartezeiten von bis zu 40 Minuten für ein kleines Getränk. Ähnliche Probleme ergaben sich beim Toilettenbesuch. Zugegebenermaßen waren die Preise für Getränke usw. aber im Vergleich zu deutschen Arenen sehr angemessen.
Bemerkenswert war übrigens ebenfalls, dass wir beim Auftritt von Belgien, der nur auf der Bühne hinter uns stattfand (siehe Bild drei in der obigen Galerie), nichts verstanden, da die Lautsprecher hinter uns abgeschaltet waren (vermutlich um Rückkopplungen zu vermeiden). Gleiches galt für Moderationen aus dem Green Room. Trotz allem machte es viel Spaß, dieses sehr starke Semifinale von so guten Stehplätzen aus mitzuverfolgen.
Tag 4: Mittwoch, 09.05.2018
Auch am Mittwoch nutzte ich die Gelegenheit, Lissabon etwas zu erkunden, um dann abends zur Altice-Arena zu fahren und dem Jury-Finale (quasi einer Probe vor der TV-Ausstrahlung) des zweiten Halbfinales beizuwohnen. Gleichzeitig bewertet hierbei auch die Jury die Songs. Direkt an der Arena gelegen befindet sich ein riesiges Einkaufszentrum, was ich auch gleich als Gelegenheit nahm, dort etwas vor der Show zu Abend zu essen.
Vom Einkaufszentrum aus war es außerdem möglich, tolle Bilder von dem Eurovisions-Gelände an der Arena zu schießen:
Heute sollte ich Sitzplätze haben und ich hatte das Glück, an diesem Tag die besten Sitzplätze der ganzen Woche zu haben. Die Sicht war wirklich sehr gut, was auch daran lag, dass ich nicht den ursprünglichen bestellten Platz erhielt, sondern durch das freundliche Personal in der Arena auf einen besseren Platz umgesetzt wurde. Auch wenn das zweite Semifinale musikalisch das Schwächere war, so konnte es überzeugen, denn mit Spezialeffekten, Pyrotechnik, usw., wurde in diesem Semifinale nicht gegeizt. Auch das Bar- und Toilettenproblem bestand bei den Sitzplätzen nicht, da man hier den Vorbereich der Arena betreten konnte.
Natürlich erreicht ein Jury-Finale aber lange nicht die Spannung und Stimmung eines Finales, das im TV ausgetragen wird. Spannend ist aber, dass das ganze Semifinale komplett ausgetragen wird, inklusive Verkündung der Votingergebnisse (welche aber zuvor einfach zufällig bestimmt wurden und somit natürlich kein reales Ergebnis darstellen).
Tag 5: Donnerstag, 10.05.2018
Nach einem weiteren interessanten Tag in Lissabon sollte heute das zweite TV-Semifinale stattfinden, live übertragen aus der Altice Arena in Lissabon.
Bis auf das echte Voting und dem allgemein höheren Spannungsgrad unterscheidet sich die Live-Show aber nicht von der Jury-Show am Vortag.
Tag 6: Freitag, 11.05.2018
Heute nutzte ich die Gelegenheit nochmals und habe mir Lissabon angesehen. Auch am „Praça do Comércio“ habe ich nochmals einige Bilder aufgenommen:
Leider hatte ich heute beim Jury-Finale des Grand Finals die schlechtesten Plätze, nämlich Stehplätze und auch kein Golden Circle o.ä.. Die Altice-Arena wurde auch ordentlich befüllt im Innenraum, so dass hier wirklich nicht mehr viel Platz war. Da ich auch kein Riese bin, war es mir nur über die Leinwände möglich, die Show mitzuverfolgen. Getröstet hat mich dabei, dass ich die gleiche Show ja am nächsten Tag nochmal sehen würde und zwar live, während der TV-Ausstrahlung und mit Sitzplätzen.
Tag 7: Samstag, 12.05.2018
Der Tag des großen Finales. Ich hatte viel Glück, denn ich hatte, wie bereits am Mittwoch, sehr gute Sitzplätze, wenn auch nicht ganz so gute. Dadurch konnte ich viele Fotos machen und die Show auch gut mitverfolgen:
Tag 8: Sonntag, 13.05.2018
Der Tag der Rückreise. Der Flughafen in Lissabon war brechend voll, vermutlich aufgrund der zahlreichen Eurovision-Rückreisenden. Für das Aufgeben des Gepäcks habe ich 30 Minuten gebraucht und für die Sicherheitskontrolle fast eine Stunde, so dass ich kaum als ich am Gate angekommen war, auch schon in den Bus, der uns zum Flugzeug gebracht hat, einsteigen konnte. Leider erlangten wir auch wieder auf diesem Flug eine Verspätung von über einer Stunde aufgrund schlechten Wetters am Frankfurter Flughafen, so dass ich dann noch meinen gebuchten Zug verpasst habe. Notgedrungen habe ich dann ein neues Ticket gekauft und war gegen 23 Uhr zu Hause.
Vor Ort hatte ich noch zwei Poster mit unterschiedlichen Motiven erworben: Zuhause dann die ärgerliche Feststellung, dass man mir zweimal dasselbe Poster mitgegeben hatte. Doch das konnte schnell gelöst werden: Im Eurovision-Onlineshop gab es zufällig noch ein Poster vom Contest in 2015, an dem ich ja ebenfalls teilnahm. Also habe ich dieses nun bestellt.
Fazit
Nachdem ich bereits 2015 am Finale des Eurovision Song Contest 2015 in Wien teilgenommen habe, war es diesmal deutlich entspannter, eine ganze Woche vor Ort zu sein und an jeder Show (außer den Family-Shows und der Jury-Show am Montag) teilzunehmen. Als ich 2015 in Wien mit dabei war, bin ich morgens um 7 Uhr geflogen, abends zum ESC-Finale und am nächsten Tag vormittags wieder zurück. Eine Reise wie meine nach Portugal ist da deutlich entspannter und macht mehr Spaß. Außerdem sieht man dabei auch mehr von der Gastgeberstadt und lernt diese somit besser kennen.
Ich kann nur jedem empfehlen, am Eurovision Song Contest zumindest einmal live teilzunehmen, da es ein beeindruckendes Erlebnis ist. Man sieht ja nicht nur das, was alle live im TV sehen können, sondern auch, was z.B. zwischen den Auftritten passiert (der Ab- und Aufbau für die einzelnen Künstler, der ja in ca. einer Minute abgeschlossen werden muss). Das ist schon sehr interessant (den Stage Hands wurden die Positionen der Requisiten auf der Bühne per Laser projiziert).
Ob man jedes Jahr live am ESC teilnehmen will, kommt dann einfach darauf an, ob einem dies Spaß macht, oder nicht. Es ist definitiv ein anderes Erlebnis als am TV, klar, und dies hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Es sollte einem klar sein, dass es sich bei dem ESC um eine vorrangig für das TV produzierte Show handelt. Die Zuschauer sind zwar wichtig, aber im Vergleich zum TV muss man einfach Abstriche in Kauf nehmen: Eine schlechtere Akustik, man kann sich nicht einfach schnell etwas zu essen / zu trinken holen, oder zur Toilette gehen, ohne etwas zu verpassen und es ist natürlich auch eine teure Angelegenheit. Dafür ist man unter Fans und erlebt ein gigantisches Event mit einer tollen Stimmung, in einer Stadt, in der es in der Eurovision-Woche kaum ein anderes Thema gibt.
geiler Typ!